22. September 2012

Roche und Böhmermann zu Gast bei Hans Sarpei

Screenshot aus "Roche&Böhmermann" Folge vom 23.09.2012// zdf.kultur (Quelle)
Ich mag "Roche&Böhmermann". Ich mag die Anmoderationen von William Cohn, ich mag die Studioausstattung, das Licht, den Knopf zur Selbstzensur (wenn er nicht gerade Feuerwerkskörper zündet), ich mag die Atmosphäre der Sendung - "Alles kann, nichts muss.", wie Charlotte Roche erst heute/ gestern/ Fernsehmorgen sagt(e[n] wird) - und ich liebe die letzte Minute einer jeden Sendung, in der man die beiden offen reflektieren sieht über das, was gerade geschehen ist. Sogar die ewige Harald-Schmidt-Zeit-Reminiszenz empfinde ich da als verzeihlich. "Roche&Böhmermann" ist eine Sendung, in der und mit der man sich wohl- und verstanden fühlt als Internetkind. 

Passend zu diesem Gefühl, widmet sich die aktuelle Sendung nach Glump-Gimmick und Fiona-meets-Zerlett-meets-Bauerfeind-in-der-Bluebox allem, was einem zum Thema: "Quelle: Internet" so einfällt.William Cohn liefert einen Ratgeber, der dem geneigten Zuschauer, weit draußen am Empfangsgerät, "das sogenannte Internet" ein wenig näherbringt. Bei jeder Zensur-Entscheidung wird aufkommende Ernsthaftigkeit im Stumpfsinn berühmt-berüchtigter Internet-Videos erstickt (Chacarron Macarron!) und Ines sorgt für die "aktive Mitgestaltung der Sendung durch Sie, liebe Zuschauer"... Spätestens aber bei der Öffentlich-Rechtlichen-Lieblingsquellenangabe "Internet", die ironisch rechts unten auf jedem eingespielten Clip erscheint, zieht sich ein tiefes Lächeln der Genugtuung über die Gesichter aller Heimatsender-Geschädigten.

Screenshot aus "Roche&Böhmermann" Folge vom 23.09.2012// zdf.kultur (Quelle)


Insgesamt schien mir die Sendung dieses Mal sehr schnell vorbei zu gehen - ein gutes Zeichen. Andererseits wirkte sie irritierend respektive anders oberflächlich als gewohnt. Als Rolf Eden seine Meinung zur Beschneidungsdebatte kundtun will, wird er komplett abgewürgt - vielleicht fehlte dieses Mal einfach der durch und durch politische Gast, der andernmals auch gegen die Ablenkungsversuche von Roche und Böhmermann seine Ansichten hervorbrachte. Das wurde dann meistens rückblickend vor allem von Böhmermann als Stimmungskiller gewertet. Dieses Mal schien er geradezu panisch "Runterziehern" ausweichen zu wollen. Meiner Meinung nach verleihen einzelne ernsthaft hervorgebrachte Statements, zuweilen auch pathetisch-übertrieben wirkend, der Sendung aber erst das nötige Maß an Intensität: sie schaffen Orientierung in der Gradwanderung zwischen Nihilismus und Aktionismus und lassen andere, indifferent(-verantwortungslose) Bemerkungen erst wie gekonnte ironische Spielerei erscheinen.

Das BILD-Zeitungs-Versprechen, das Roche Jeannine Michaelsen "entlockte", zählt für mich nicht zu den ernsthaft-ehrlichen (und nicht bloß offenen) Tönen, wie sie etwa bei Böhmermanns klarer Stellungnahme gegenüber Britt anklangen, bei Kim Frank, Klaas, Sundermann, Anna Fischer oder im Disput Roche/Herre (auch wenn der Umgangston in diesem Fall eine andere Sache ist). Dass diese Momente der Ernsthaftigkeit selten von langer Dauer sind - was manch einer dem Format und in erster Linie auch den Moderatoren vorwirft - stört mich nicht. In der Regel halten sie lange genug an, um dem Zuschauer in Erinnerung zu bleiben und für eben jene Orientierung zu sorgen, die für das Konzept der Sendung notwendig ist.

Bei längerem Nachdenken fallen mir natürlich doch einige ernsthafte Sekunden ein, zum Beispiel Vetters Hinweis auf das mehr als fragwürdige Koblenzer Urteil zu Grenzkontrollen oder Michaelsens Anmerkung, dass es für jede (junge) Mutter schwierig sei, Kind und Beruf zu koordinieren - egal, ob "Regale-Einräumerin bei Rewe, oder Moderatorin im ZDF". Vielleicht war es also auch nur Ines als zusätzliches "Gimmick" (es fühlt sich nicht gut an, einen Menschen - und sei es nur in einer Rolle - so zu bezeichnen), das für ein Zuviel an Unruhe und Unterbrechung gesorgt hat. In Anlehnung an diese Liste stelle ich also fest: bitte nur ein Gimmick pro Sendung! (Sprich: entweder den Knopf mit Filmchen belegen oder Ines von einem Extrascheinwerfer anstrahlen lassen. Der Knopf ist mir lieber.)

So all in all (bei der Quellenangabe "Internet" muss ich unweigerlich an meine Schulzeit denken und die Predigten zum Thema "Google ist keine Quelle" - und ja, ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist, eine lange URL auf ein vergleichsweise kleines Hintergrundbild zu basteln, aber trotzdem!) ist und bleibt "Roche&Böhmermann" das erfrischende Kontrastprogramm zu Sendungen wie der "NDR Talkshow" - frei nach dem Motto: lieber die Angst vor versauter Stimmung qua Tiefgang zeigen, als alles verkrampft wegzualbern. Oder, wie Manuel Möglich in dieser Sendung gesagt hat: "Hier ist man Mensch, hier darf man sein."

Screenshot aus "Roche&Böhmermann" Folge vom 23.09.2012// zdf.kultur (Quelle)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen